Experteninterview

Stand der Dinge beim Gelbverzwergungsvirus – was tut die Züchtung?

Syngenta Frank Hasselfeld

Frank Hasselfeld, Züchter Hybidgerste, Syngenta Seeds GmbH, Bad Salzuflen

Bei uns in der Schweiz ist der Gelbverzwergungsvirus regional stark verbreitet. Wie sieht die europäische Situation aus?

Das Thema ist vor allem in Frankreich grösser geworden, aber auch in Deutschland und der Schweiz nimmt der Befall regional zu. Seit dem Verbot der Insektizidbeizen im Getreide sind die Pflanzen grundsätzlich weniger geschützt und können stärker von Läusen befallen werden. Diese können den Gelbverzwergungsvirus übertragen.

Gibt es anfälligere und weniger anfällige Gerstensorten?

Grundsätzlich sind die Sorten, welche keine Toleranzen aufweisen gleich sensitiv auf diesen Virus. Es scheint aber für die virusübertragenden Blattläuse eine größere Attraktivität von helleren gegenüber dunkleren Sorten zu geben. Auf der Sortenliste der Schweiz sind zur Zeit alle Sorten anfällig. In Frankreich und auch in Deutschland gibt es erste Sorten, welche Toleranzen aufweisen.

Es gibt also bereits resistente Gerstensorten gegen den Gelbverzwergungsvirus?

Es gibt erste Gerstensorten, welche tolerant sind. Ich spreche nicht von Resistenz sondern von Toleranz. Beim Gelbverzwergungsvirus werden auch tolerante Gerstenpflanzen befallen, die Pflanze trägt also den Virus in sich und dieses vermehrt sich in der Pflanze. Die tolerante Gerstensorte zeigt jedoch nach Befall keine entsprechenden Symptome, also gelbe Blätter und Kümmerwuchs. Beim schon länger bekannten Gelbmosaikvirus ist dies anders, da sprechen wir von Resistenz, weil entsprechend gezüchtete Pflanzen gar nicht erst vom Virus befallen werden. Es ist richtig, dass es bereits Sorten gibt, welche entsprechende Toleranzen aufweisen. Es handelt sich hierbei um Liniensorten. Allerdings bringen diese Sorten bisher deutliche Ertragseinbussen mit sich sowie agronomische Defizite, im Vergleich zu den Hybridgersten.

Wann kommen dann die ersten Hybridgersten mit entsprechenden Toleranzen gegen den Gelbverzwergungsvirus?

Auch in der Hybridzüchtung arbeiten wir natürlich sehr fokussiert an dem Thema und sind dran, entsprechend tolerante Sorten zu züchten. Zur Zeit ist in der Resistenzzüchtung vor allem ein Gen / Allel bekannt, namens yd2, welches diese Toleranz mit sich bringt. Wir gehen davon aus, dass dieses weitere Erbinformationen mit sich trägt, welche leider auch für die genannten Defizite bei den entsprechenden Sorten sorgt. Dieses Gen / Allel ist zudem rezessiv, was das einzüchten dieser Toleranz in Hybriden erschwert. In der Hybridzüchtung muss ein rezessives Gen sowohl in der «Mutter» als auch im «Vater» vorhanden sein. Jedoch sind nun zwei weitere interessante Gene/Allele gefunden worden, welche diese Toleranzen/Resistenzen auch mitbringen. Zur Zeit arbeiten wir auch mit diesen Komponenten in der Hybridzüchtung. Doch es gilt:  Entsprechende Sorten sollten auch agronomisch und im Ertrag mithalten können. Denn einerseits müssen diese Sorten in den  Sortenprüfung bestehen, anderseits sind Landwirte auch nur bedingt bereit, v.a. bei Ertrag Abstriche in Kauf zu nehmen.  Erste Hybridgersten mit entsprechender Toleranz erwarten wir in wenigen Jahren.

Was ist für die Ausaat 2020 zu beachten bezüglich Gelbverzwergungsvirus?

In den Regionen in welchen Gelbverzwergungsvirus vermehrt auftaucht raten wir klar zu zwei Dingen: Erstens eine späte Aussaat in der ersten Oktoberhälfte. Die Aussaatdichten sind bei Spätaussaaten zu erhöhen. Die Hybridgersten sind die beste Lösung für eine Spätaussaat, denn sie bestocken schneller und sind vitaler. Auch bei den Hybridgersten ist bei einer Spätaussaat im Vergleich zu einer frühen Aussaat etwas weniger Ertrag zu erwarten, jedoch ist der Ertragsabfall deutlich geringer als bei Liniensorten. Zweitens raten wir zu einer konsequenten Bekämpfung der Blattläuse im Herbst, den Überträgern des Virus, mit den dafür zugelassenen Mitteln