Pflanzenschutz damals und heute: Aus Sicht des Beraters
Seit 1990 ist Hans Aeberhard Berater für Pflanzenschutz im grossen Agrarkanton Bern unterwegs. Angefangen bei Ciba Geigy baut er sein fachliches Wissen bis heute immer weiter aus und ist heute viel gesuchter und konsultierter Pflanzenbau-Berater von A wie Applikationstechnik bis Z wie Zuckerrüben
Bald 30 Jahre in der Pflanzenschutz- und Saatgutberatung – wie kam es dazu, was fasziniert dich daran?
Als gelernter Meisterlandwirt war meine Inspiration immer das Produzieren von qualitativ hochwertigen Produkten auf dem Betrieb. Genau dies tat ich bis zum 34. Lebensjahr als Betriebsleiter im Berner Mittelland. Ein besonderer Fokus des Betriebs waren die Kartoffeln, Zuckerrüben, Getreide, Raps, Mais und Rindermast. Der Pflanzenschutz war bereits damals für mich zentral, und so behandelte ich auch weitere Felder von Nachbarn, sozusagen in einem kleinen Lohnspritz-Betrieb.
Den Betrieb den ich führte war allerdings gepachtet, die Pacht lief aus. So suchte ich eine neue Herausforderung und fand sie als Berater im Pflanzenschutz. Es hilft mir bis heute, dass ich selber Landwirt war und genau weiss was es braucht um in dieser Branche zu bestehen. Bereits als Landwirt faszinierte mich das Begleiten der Kulturen von der Saat bis zur Ernte. Das damalige Motto von Ciba Geigy „Züchten, Pflanzen und Pflegen“ deckte sich mit meinen Interessen. Nebst dem Begleiten der Kulturen heute, sagen wir heute „vom Saatgut bis zur erfolgreichen Ernte“ war der Kundenkontakt ein neuer Aspekt. Man lernt sehr viele Leute kennen und die Beratung wird auch zum gegenseitigen lernen voneinander.
Wie hast du diese Zeit erlebt in der Schweizer Landwirtschaft?
Der Anfang im Aussendienst war sicherlich schwierig und schon damals komplex. Es wurden keine Spritzpläne beim Kunden gemacht sondern man war lediglich mit dem Bestellblock unterwegs. Heute wird umfassend in die Kulturplanung Einfluss genommen. Nebst dem Erstellen von individuellen Pflanzenschutzplänen wird auch Sortenberatung gemacht. Alles rund um den Pflanzenbau, wurde im Verlauf der Jahre immer komplexer. Produktekenntnis, Produktebwilligung, Einsatzzeitpunkt, Anzahl Behandlungen pro Kultur und Jahr sowie die ganze Rückstandsproblematik sind nur einige Beispiele was heute von einem Pflanzenschutzberater beim Kunden erwartet wird.
Kurz nach meinem Beginn als Pflanzenschutz-Berater wurde in der Schweizer Landwirtschaft der Ökologische Leistungsnachweis (ÖLN) eingeführt. Seither ist der Ertrag pro Hektar laufend weniger wichtig geworden, die Direktzahlungen gleichen dies aus. Insbesondere seit 2010 wurde diese Entwicklung noch verschärft durch Auflagen. Die Optimierung der Direktzahlungen ist heute oftmals wichtiger als eine gute Kulturführung und Feldhygiene. Meiner Meinung nach geht die Tendenz mittlerweile zu sehr in diese Richtung und gefährdet die Erzeugung von qualitativ hervorragenden Lebensmittel. Zunahme von Problemunkräuter wie Blacken, Winden und Disteln oder massive Vermehrung der Weissen Fliege in Gemüsekulturen sind Beispiele hierfür. Uns fehlen in der Beratung zunehmend Wirkstoffe aufgrund der verschärften Bewilligungssituation. Eine weitere Entwicklung ist in den letzten Jahren der Preisdruck auf den Pflanzenschutz. Oftmals wird vergessen dass es für ein neues Produkt mittlerweile mehr als 10 Jahre braucht bis es auf den Markt kommt. Forschung, Entwicklung, Produktion, Bewilligung sowie eine optimale Beratung sind in der Schweiz im Moment immer noch über das Produkt bezahlt und der Landwirt hat Gewähr, qualitativ gute Produkte und eine effiziente Beratung für diesen Preis zu erhalten.
Wie siehst du die Zukunft im Pflanzenschutz?
Die Wichtigkeit, das Wissen rund um Moderne Technologie in der Anbautechnik, wie zum Beispiel GPS oder Roboter im Gemüsebau, wird zunehmen,. Im Pflanzenschutz wird es noch mehr eine Herausforderung werden genügend Wirkstoffe zu haben, das heisst vor allem die Bestehenden zu erhalten aufgrund der sehr hohen Anforderungen für neue Wirkstoffe.
Die Kostenoptimierung auf den Betrieben nimmt weiter zu um kostengünstig zu produzieren. Ob eine weitere Extensivierung oder Bioproduktion die Lösung ist, denke ich nicht. Die Pflegemassnahmen sind zu hoch und zu aufwendig und nicht immer zielführend. Es gewinnt viel mehr der Betrieb, welcher den Pflanzenschutz, die Düngung, die Technik und den Verkauf optimiert und sich spezialisiert auf verschiedene Standbeine. Insofern wird Pflanzenschutz herausfordernder in der Beratung. Der Berater muss sich laufend und vermehrt informieren bezüglich Bewilligungen, die Bedürfnisse des Marktes sowie die neusten Technologien kennen.