Philipp Schwander auf dem Green Sofa: «Wenn der Wein krank wird, sollte man eingreifen können»

Syngenta News
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Philipp Schwander, Master of Wine, führt seit über 20 Jahren seine eigene Weinhandlung in Zürich und auch in St. Gallen, wo er unter dem Label „Seléction Schwander“ von ihm persönlich direkt auf den Weingütern ausgewählte Weine vertreibt. In dieser Episode der Gesprächsreihe «Green Sofa» spricht er über Qualitätskriterien und aktuelle Trends, gibt Einblicke in den konventionellen wie auch biologischen Anbau und äussert sich zur Rolle von Pflanzenschutzmitteln im Rebbau. 

 

Du bist Master of Wine, was bedeutet das? 

Es ist eine Prüfung, die in London, New York oder Sydney abgelegt wird und gilt als schwerste Weinprüfung der Welt. Als ich sie ablegte, bestanden sie von 100 Kandidaten zwei, einer davon war ich. Die Prüfung dauert eine Woche, man prüft das Weinwissen weltweit und das Verkosten. Man muss Wein blind degustieren, erkennen und beschreiben können. Wenn Du einen Beaujolais vor Dir hast und meinst, es sei ein toller Bordeaux, könnte das einen Karriereknick zur Folge haben. 

 

Was ist der Unterschied zwischen biologischem, biodynamischen und konventionellem Wein? 

Im konventionellen Rebbau sind alle zugelassenen Pflanzenschutzmittel erlaubt. Im Biowein werden Kupfer und Schwefel eingesetzt, auch gewisse Hormone oder Kräuterextrakte. Der Vorteil von Kupfer ist, dass es keine Resistenzen bildet. Der Nachteil ist, dass es sich im Boden anreichert. Beim biodynamischen Anbau werden auch die Mondphasen einbezogen. Bei aufsteigendem Mond sollte man keine Reben schneiden, weil die Säfte steigen. Besser ist es bei absteigendem Mond. Das macht durchaus Sinn.  

 

                          

 

 

Woher kommen die Krankheiten beim Wein? 

Ein grosser Teil der Krankheiten, die ein Problem für den europäischen Rebbau brachten, wurden im 19. Jahrhundert aus Amerika eingeschleppt. Dort gab es Wildreben, die man ausprobieren wollte. Man wusste nicht, dass es dort Echten und Falschen Mehltau und die Reblaus gab. Die europäischen Reben sind aber sehr empfindlich für diese Krankheiten, die man importierte. Eines der grössten Probleme war die Reblaus, ein millimetergrosses Insekt, das sich an der Wurzel festklammert und die Rebe zum Absterben bringt. Das ruinierte den europäischen Rebbau fast ganz.  

 

Ist Weinanbau ohne Pflanzenschutzmittel überhaupt möglich? 

Das ist theoretisch möglich, bei entsprechendem Klima. Die Klimaerwärmung macht aber, dass an gewissen Orten die Rebsorten nicht mehr gut gedeihen. Ein Pinot Noir z.B. darf es nicht zu heiss haben. Das Wetter hat auch im warmen Klima viele Unwägbarkeiten. Auch in einem trockenen Klima kann es übermässigen Regen geben und viel Feuchtigkeit, was zu höherem Pilzdruck führt. Dann muss man einschreiten. Es ist wie beim Menschen: Man kann ohne Medikamente auskommen, aber es kann auch sein, dass man schwer krank wird. Dann sollte man eingreifen können.  

 

Dieses Gespräch wurde im Mai 2021 aufgezeichnet. 

 


 

Was ist «Green Sofa»?  

Das Grüne Sofa ist das Herzstück unserer mehrteiligen Gesprächsreihe zu Themen rund um unser Essen und Trinken, die moderne Landwirtschaft und die Rolle des Pflanzenschutzes in unserem Alltag. Neben Moderatorin Christa Rigozzi nehmen Gäste aus verschiedenen Regionen der Schweiz und unterschiedlichen Berufsfeldern Platz, die eines gemeinsam haben: Sie sind Expert:innen in ihrem Fach, und die Qualität unserer Lebensmittel und der Schutz unserer Pflanzen liegen ihnen am Herzen. 

Ergänzt werden die Episoden durch Sequenzen, die einen Einblick in das Arbeitsumfeld unserer Gäste geben, vom Rebberg bis zum Forschungslabor. So wird das Grüne Sofa zu einem verbindenden Element, das Zusammenhänge hinterfragt, die wir allzu oft als selbstverständlich hinnehmen. 

Das Grüne Sofa ist aber nicht nur bei Interviews vor Ort präsent, sondern auch als Teil einer ganzen Sitzgruppe, die zu Live-Gesprächen in grösserer Runde einlädt. In unserem “Green Sofa Live” Format bietet Moderator Reto Brennwald ausgewählten Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft und dem interessierten Publikum eine Plattform, um über Themen wie die Digitalisierung in der Landwirtschaft, Herausforderungen im Pflanzenschutz oder die öffentliche Wahrnehmung von globalen Unternehmen in der Schweiz zu diskutieren.